NOVA-Score – Warum du auf den Verarbeitungsgrad deiner Lebensmittel achten solltest

Prof. Dr. med David Fäh, Berner Fachhochschule

Du interessierst dich für deine Ernährung? Prima, hast du schon mal vom NOVA-Score gehört? Der NOVA-Score misst den Verarbeitungsgrad von Lebensmitteln auf einer Skala von 1 «minimal-verarbeitet» bis 4 «ultra-verarbeitet». Studien haben gezeigt, dass NOVA-4 Lebensmittel überproportional zu Gewichtszunahme beitragen. Für eine gesunde Ernährung empfiehlt es sich generell, den Anteil der NOVA-4 Lebensmitteln zu minimieren.

Nur die wenigsten Produkte weisen heute bereits den NOVA-Score auf der Verpackung aus. Das neue NOVA-Score Widget (beta Version) von BitsaboutMe, das gemeinsam mit Ernährungsexperten der Berner Fachhochschule   entwickelt wurde, errechnet deshalb automatisch den Anteil von NOVA-4 Produkten am gesamten Lebensmitteleinkauf auf der Basis deiner Kassenzettel und zeigt dir auch gleich die Produkte, die du durch weniger verarbeitet Produkte ersetzen kannst, um deinen Wert zu verbessern. Der Schweizer Durchschnitt liegt übrigens bei etwa [26%]. Bist du bereits besser als der Durchschnitt?   

Damit liefert der NOVA-Score eine wichtige Ergänzung zum bekannteren Nutri-Score, den du ebenfalls auf BitsaboutMe erhälst.   Der Nutri-Score berücksichtigt Nährstoffe wie Eiweiss, Nahrungsfasern oder aber Salz und gesättigte Fette um ein Produkt als gut respektive weniger empfehlenswert zu bewerten. In diesem Score fliesst jedoch weder ein, wie ein Lebensmittel hergestellt wurde, noch wie naturbelassen es ist. Studien zeigen, dass der Verarbeitungsgrad von dem, was wir essen und trinken unabhängig von dessen Zusammensetzung unsere Gesundheit beeinflusst.


Welchen Einfluss hat der Verarbeitungsgrad?

Wir leben heute in einer Umwelt, die uns wenig Kalorien abverlangt, jedoch viele rund um die Uhr bietet. Entsprechend können uns die neuen Eigenschaften, die durch die Verarbeitung entstehen, auch Nachteile einbringen. Als problematisch werden in vor allem sogenannte «ultra-verarbeitet» auch «ultra-processed foods», UPF erachtet. Hauptgründe sind die hohe Dichte an Kalorien, die verhältnismässig schlechten Sättigungseigenschaften in Kombination mit erhöhter Attraktivität. Aus welchen Nährstoffen sich das Lebensmittel zusammensetzt, spielt dabei keine Rolle. So hängt der gesundheitliche Effekt von Ballaststoffen (Nahrungsfasern) in erster Linie vom Verarbeitungsgrad und nicht von der Menge (Faseranteil) ab. Die Fasern aus minimal verarbeiteten Hülsenfrüchten, zum Beispiel, haben eine verzögerte Blutzuckerantwort zufolge. Dies entlastet Organe wie Leber und Bauchspeicheldrüse, die an der Blutzuckerregulation beteiligt sind. Die Eigenschaft erklärt aber auch, warum Linsen, Kichererbsen & Co. im Verhältnis zu den enthaltenen Kalorien ausgezeichnet sättigen. Im Gegensatz dazu verlangsamt das Beifügen der gleichen Menge an Fasern zu «ultra-verarbeiteten» Frühstücks-Flöckli das Erscheinen von Glukose im Blut nicht. Das «Ultra-Verarbeiteten» von Lebensmitteln verhindert einen Teil der Verdauungsaufgabe, die dem Körper Energie abverlangt und uns satt fühlen lässt. Tatsächlich konnte eine viel beachtete Studie zeigen, dass bei gleicher Nährstoffzusammensetzung Proband*innen, die UPF assen, etwa 500 Kalorien pro Tag mehr einnahmen als die Vergleichsgruppe, die ausschliesslich minimal verarbeitete Speisen konsumierte. In der Studie nahmen übergewichtige Menschen nur aufgrund des Verarbeitungsgrades nach zweiwöchigem Konsum von UPF ein Kilo an Gewicht zu, während die Kontrollgruppe, die minimal verarbeitete Lebensmittel mit identischer Nährstoffzusammensetzung konsumierte, ein Kilo abnahm.

Abbildung. Konsum von minimal (rot) und ultraverarbeiteten (blau) Lebensmitteln mit identischer Zusammensetzung

Was ist NOVA und wie werden UPF definiert?

Damit Forschende und Konsument*innen unter «Ultra-Verarbeitung» das gleiche verstehen, haben Wissenschaftler eine Klassifizierung vorgeschlagen. In dieser sogenannten NOVA- Einteilung entspricht die höchste Kategorie (4) den UPF. Neben den zahlreichen Verarbeitungsschritten sind der Zusatz bestimmter Stoffe charakteristisch, wie Farbstoffe, Aromen oder Geschmacksverstärker, aber auch Substanzen, die das Volumen, die Konsistenz, Homogenität oder die Feuchte des Produktes verändern. Die Herstellung dieser Klasse-4-Produkte kann zuhause nicht nachgeahmt werden. Die NOVA-Definition ist grob und auch nicht universell anwendbar. Es existieren aber bereits darauf aufbauende Alternativen, die Konsument*innen besser darin unterstützen Produkte unterscheiden zu können. Zu den typischen UPF gehören Fast-Food und Fertigprodukte aber auch Back- und Süsswaren, Snacks, Fleischprodukte, Frühstückscerealien, Riegel, manche Milchprodukte und viele Getränke. 

Beschreibung der NOVA Klassen

Wie verringere ich UPF in meiner Ernährung?

Neben dem bewussten Einkauf bietet der Alltag noch weiteres Potenzial, um UPF zu reduzieren. Folgende Tipps bieten Unterstützung:

  • Die Basis deiner Ernährung sollten wenig- oder unverarbeitete Produkte sein, wie Früchte, Gemüse, Nüsse, Hülsenfrüchte, Quinoa
  • Nutze die BitsaboutMe-App um den Anteil an NOVA-1-Produkte zu erhöhen
  • Kauf Lebensmittel, deren Ursprung und Herstellung du kennst, setze auf Produkte, die es schon lange gibt
  • Lass dich nicht von Labels, wie «sugarfree», Zahnmännchen, aha!, vegan, glutenfrei… zum Kauf verleiten
  • Schau auch bei «grünen» Nutriscore A und B Produkten genau hin, 20-30% von Ihnen gehören NOVA 4 an, sind also UPF
  • Nimm die Verarbeitung von Lebensmitteln möglichst selbst in die Hand
  • Achte auf eine kurze Zutatenliste: idealerweise weniger als fünf 5 Zutaten
  • Lange Haltbarkeit weist auf starke Verarbeitung hin, v.a. bei Produkten, die nicht gekühlt werden müssen
  • Bei den verarbeiteten Produkten sind fermentierte zu bevorzugen, da dieser Prozess weniger problematisch ist
  • Ziehe beim Auswärtsessen Küchen vor, die mit wenig Verarbeitung auskommen, z.B. Thailändisch, Vietnamesisch, Japanisch